Kellinghusen – Deep Purple? Kennt man doch… dachte ich, als die Band „Strange Kind of Women“ bei „PEP“ angekündigt wurde. Wer sich für Rock, Hardrock und zuweilen auch Metal interessiert, kommt um diese Ikone der Musikgeschichte zunächst einmal nicht herum. Was kann da an einer Coverband neu sein?
Neben „dem“ Klassiker „Smoke on the water“ haben sich auch Songs wie „Child in time“, „Highway Star“ oder „Perfect Strangers“ unweigerlich ins Gedächtnis all jener eingegraben, die in den 70ern und 80ern mit Rockmusik groß geworden sind.
Und werden in ihrem Schaffen in einem Atemzug allenfalls mit den „Beatles“ oder den „Rolling Stones“, mit „Black Sabbath“ und „Led Zeppelin“ genannt. Ein besseres Prädikat kann es für eine Rockband ja kaum geben.
Vor allem wegen der Begleitung des eigenständig eingesetzten Keyboards zu dem eingängigen Gesang ragen „Deep Purple“ bis heute als kreative Köpfe aus der Rockmusik heraus. Und sind analog zu einem ihrer erfolgreichsten Album „Deep Purple in Rock“ in Stein und damit auch in die Rockgeschichte gemeißelt. Was kann da jetzt noch kommen?
Aber dass ihre gesamte musikalische Bandgeschichte von einer rein weiblichen Besetzung als Tribute Band gegeben wird, die dazu auch noch jung und unverbraucht ist – das war dann doch neu. Das musste ich mir ansehen. Und mit mir ein voll besetzter Saal in der Ulmenhofschule. So viele Besucher in dieser Location hatte es schon lange nicht mehr gegeben.
Holte die 70er „in Rock“ zurück auf die Bühne der Ulmenhofschule: die italienische „Deep Purple“ Tribute-Band „Strange Kind of Women“.
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Da stand ich also mittendrin zwischen einer geradezu euphorisierten Menge, die die alten Hits der Urgesteine des Rock kaum erwarten konnte. Die Zuhörer standen unten im Foyer vor der Bühne und außenherum, sie saßen und standen auf den Treppen und den Aufgängen und sie saßen in der umlaufenden Galerie. Sie standen und saßen vorne, in der Mitte und hinten, links und rechts, oben und unten, eigentlich überall.
Euphorisiertes Publikum: Die Zuhörer in der Ulmenhofschule wurden mit der Band zurück in alte Zeiten versetzt.
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Ein so interessiertes Publikum hatte man an dieser Stelle schon lange nicht mehr gesehen. Wegen dieses Ansturms hatte „PEP“ sogar oben auf der Galerie noch einen zusätzlichen Tresen aufgebaut. Gemessen an ihrem Alter hat der überwiegende Teil die „Deep Purple“-Originale wahrscheinlich in ihrer Hoch-Zeit in den 70er/80er Jahren noch live miterlebt – während die Musikerinnen zur Gründungszeit noch nicht einmal geboren waren.
Wahrscheinlich hat gerade das auch den Reiz ausgemacht, die Songs der Band noch einmal live zu erleben, nur in jünger und weiblicher, weswegen das Publikum in der eigentlichen Männerdomäne Hardrock an diesem Abend ziemlich gemischt war.
Die einzige weibliche „Deep Purple“ Tribute-Band, die von der italienischen Gitarristin Eliana Cargnelutti gegründet wurde, ihrerseits die italienische Blues Hoffnung der Gegenwart, hatte sich in einer Jahreszeit angekündigt, in der keiner gerne draußen ist. Da kam die muggelige Ulmenhofschule gerade recht.
Zwei Wochen lang herrschte strengster Frost mit Schnee und Eis, und mit der Kälte froren auch die Aktivitäten ein, die Leute verkrochen sich abends in ihr Wohnzimmer aufs Sofa und hörten ihre Lieblingsbands allenfalls von ihrer CD- oder Plattensammlung oder guckten sich Konzerte auf DVD oder vom Streamingdienst an, wenn sie überhaupt Lust dazu hatten und ihre „Play“-Taste nicht schon eingefroren war. Und dann immer diese Dunkelheit. Da kann einem die Laune schon mal vergehen.
Dies war der erste Tag, an dem einmal wieder Temperaturen über dem Gefrierpunkt herrschten, nicht viele, aber immerhin, und mit den Temperaturen taute auch das Publikum wieder auf. So viele hatte man an dieser Stelle schon lange nicht mehr gesehen, sie rannten „PEP“ geradezu die Türen ein. So hieß es schon in der Woche vorher: ausverkauft! Zwar konnte man das Wetter zuvor nicht vorhersehen, als die Tickets verkauft wurden, aber es war eine fruchtbare Kombination des Zufalls, das beste Voraussetzungen für einen Rockabend schuf.
Und sie wurden nicht enttäuscht. Die fünf Damen aus dem italienischen Udine drehten mit ihrem Programm „The Classic Deep Purple Years“ gleich von Anfang voll auf. Songs wie „Stormbringer“, „Perfect Strangers“, „Strange kind of woman“, das auch ihrer Band den Namen gab, und „Highway Star“ brachten das Stimmungslevel neben einigen weiteren Klassikern schnell ganz weit nach oben.
Ihr Repertoire bezieht sich vornehmlich auf das Doppel-Live-Album „Made in Japan“ (1972), noch immer „das“ Highlight unter den vielen „Deep Purple“-Veröffentlichungen und Meilenstein in der Geschichte des Hard Rocks und des Heavy Metal, inzwischen ein halbes Jahrhundert alt.
Schon war fast eine Stunde vergangen, und sie waren erst noch auf dem Weg, einen repräsentativen Ausschnitt aus dem Gesamtwerk der Band anzuspielen. In der Pause drehten sich die Gespräche bei den einen um David Coverdale & Co., während die anderen die Tresen oder das Klo oder die Raucherecke draußen vor der Tür stürmten.
So bestens vorbereitet, konnten sie den zweiten Teil entspannt angehen, der erst mit ein wenig Geklimper der Keyboarderin begonnen wurde, um dann in einem furiosen Solo-Finale zu kulminieren, bevor ihre Bandkolleginnen die Bühne wieder betraten. Eine schöne Idee, das Publikum darauf aufmerksam zu machen, dass es jetzt weiter geht – quasi eine Theaterklingel der besonderen Art.
Hier war vor allem auffällig, dass die Musikerinnen ihr Gewerk ausgezeichnet beherrschen: kein Verspieler oder solche, die nicht auffielen, alles sauber und schön ausgespielt, dazu noch hier und da einige Schmankerl, etwa wenn Gitarristin und Gründerin „Miss Eliana“ sich zu ihrem Solo in die erste Reihe der Fans begab. Heraus ragte vor allem Keyboarderin Margherita Gruden, deren Finger nur so über die Tastatur flogen. Jon Lord wäre stolz gewesen.
Der weibliche Ian Gillan, Frontfrau „Alteria“, auch Sängerin ihrer eigenen, gleichnamigen Alternative Rockband, hatte am Mikrofon unterdessen keine Probleme, in die höchsten stimmlichen Höhen vorzudringen, die Gillan in seiner Karriere erreichte, und die Stimme hielt.
Zu bemerken war am gesamten Stage Acting und Auftreten der Band: Hier traten fünf professionelle, international agierende Musikerinnen vors Publikum, die in Italien schon Berühmtheit und in der Musiszene Ansehen genießen.
Ordentlich was los auf der Bühne: martialisches Schuhwerk der weiblichen „Deep Purple“-Tribute-Band „Strange Kind of Women“.
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Ihre eigenen Soloauftritte erhielten im Verlauf des Konzerts auch die weiteren Musikerinnen, Chiara Cotugno am Schlagzeug und Elettra Pizzale am Bass. Etwas verbissen nur die administrative Ebene der Band mit einem Manager, der auch im zweiten Teil noch darüber wachte, dass keine journalistische Kamera auf die Band gerichtet wurde („Nur die ersten drei Songs!“), während im Publikum jeder zweite seine Handycamera in Richtung der Bühne hielt, von denen wiederum die Hälfte auch noch eifrifg mitfilmte.
Einzige Anmerkung bei allem Lob über diese gelungene Darbietung: Es gibt das alles schon, wurde vor 50 Jahren erfunden und hat bis heute seinen Legendenstatus auch nicht eingebüßt. Das Konzept aber, das Feeling von „Deep Purple“ in Verbindung mit echter Frauenpower rüber zu bringen, ging an diesem Abend auf, da hatte keiner etwas zu meckern. Die Fans klatschten die Band zwei Mal zurück auf die Bühne – und die dankte es ihnen mit zwei kraftvollen Zugaben.
Text und Fotos: Ludger Hinz