review – Martin Fromme

Kellinghusen – Jüngst sorgten Aussagen des Comedians Luke Mockrodge über Menschen mit Behinderung für Empörung und dafür, dass er seine Sendung auf SAT1 los wurde. Genau in dieser Zeit präsentiert „PEP“ einen behinderten Comedian, der genau das zum Thema seines Vortrags macht – ob das eine gute Idee ist? Zumindest neugierig durfte man sein.

Ok., das war Zufall, der Comedian Martin Fromme wurde schon über ein Jahr vorher gebucht, als von der Sache bei weitem noch keine Rede war. Aber nun waren die Besucher noch ein wenig gespannter, was der Mann des Abends daraus mache würde.

Martin Fromme wurde eineinhalbarmig geboren, sein linker Arm ist also nur zur Hälfte vorhanden. Er selber sagt, das merke er für sich im Alltag eigentlich gar nicht mehr, so hat er sich damit arrangiert; aber in bestimmten Situationen in der Öffentlichkeit kommt es dann doch zu kniffeligen, teils ernsten, zuweilen auch diskriminieren Situationen – und manchmal auch witzigen.

„Und Hoch die Hände!“: Um auf die Probleme und Schwierigkeiten hinzuweisen, die Menschen mit Behinderungen erleben, war auch der Einsatz des Publikums gefragt, das dies gerne mitmachte.

Und die hat er für sein Programm heraus gekitzelt, immer an der Schwelle des gerade noch so Ertragbaren entlang. Er ist einer von nur wenigen, die sich auf der Bühne mit dem Thema Körperbehinderung beschäftigen, und das ganz offen und offensiv. Alle seine Gags hat er selbst erlebt oder sich selbst ausgedacht, wie er sagt. In seinem aktuellen Programm reklamierte der Comedian deshalb für sich schon im Titel ein „Glückliches Händchen“.

So durfte man gespannt sein, wie viele Zuschauer auch ob der momentanen öffentlichen Diskussion, was man gegenüber Behinderten sagen darf und was nicht, zu dem Programm kommen würden. Dafür wies der Vorsitzende Oliver Zantow auf die lange Traditon der Comedy bei „PEP“ hin – von „Pveilchen“, die bereits auf der Gründungsveranstaltung gespielt haben, über „Kai Magnus Sting“ bis hin zu „Kalla Wefel“. Das sollte hier seine Fortsetzung finden, wie er fand. Doch waren noch in der Woche nur etwas mehr als eine Handvoll Karten verkauft worden, wie er etwas enttäuscht fest stellte.

Nachdem nun aber die Tageszeitung noch einen Vorbericht veröffentlicht hatte, der die Thematik „Behindeurng“ auch für Kellinghusen einbezog, schienen die Verkaufszahlen noch einmal etwas angezogen zu haben, so dass letztlich eine doch ganz erkleckliche Zahl von 35 Zuhörern im Saal war. Nicht der Hit, aber für eine Show, die auch eine Interaktion mit dem Publikum zuließ, schon geeignet.

In bestimmten Situationen in der Öffentlichkeit kommt es zu kniffeligen, teils ernsten, zuweilen auch diskriminieren und manchmal aber auch witzigen Situationen , die Comedian Martin Fromme für sein Programm verwertet hat.

So stand der Auftretende wenigstens nicht ganz alleine da, und die Zuschauer reagierten merklich, hörbar und offen auf seine Gags. Denn in der Ulmenhofschule traf der Alleinunterhalter mit seinem humoristisch-trockenen Humor auf ein offenes, wohl gesonnenes Publikum, das auch zotigen Witzen gegenüber aufgeschossen war.

Fromme liebt es, Grenzen zu sprengen, wie er sagt. „Nahezu alle im Behindertenbereich lieben das auch“, hat er festgestellt. „Sie bitten mich sogar darum, noch ein bisschen härter zu werden, um auf ihre Situation noch deutlicher aufmerksam zu machen.“ Hier konnte er ausgiebig auf die Tücken des Lebens mit einer Einschränkung oder Behinderung hinweisen. Und „hinweisen“ ist noch gelinde ausgedrückt, teilweise waren die Witze, die er machte, tatsächlich als ganz schön „hart“ zu bezeichnen. Nicht umsonst heißt er auch der „Meister der unkorrekten Comedy“. Beispiel: Welche Frage er etwa vom Arzt noch nie gehört habe: „Was fehlt Ihnen denn?“ Und den Vater seiner Braut würde er sicherlich nicht „um ihre Hand bitten.“

„Besser arm ab, als Arm dran“: Ein geflügeltes Wort wandelt Martin Fromme für sich ab.

Dabei nutzte er auch seinen vollen Körpereinsatz: „Was viele noch nicht wussten: Ich bin stinkereich“, verkündete er etwa unter Staunen des Publikums. „Ich habe die chinesische Winkekatze erfunden“, schilderte er unter Hoch- und Herunterschwenken seines verkürzten Armes. Zuweilen wusste das Publikum nicht, ob es lachen oder ihm das Lachen im Halse stecken bleiben sollte. Da er selber zum Verständnis seines Humors sagte, „es kommt auf die Offenheit der Leute an“, war er hier aber an der richtigen Adresse.

Seit 38 Jahren bereits steht er schon auf der Bühne, seit acht Jahren mit seinem Soloprogramm. So hat Martin Fromme inzwischen raus, wann das Publikum lacht und wie er es lenken kann. Das merkte man ihm auch hier an.

Sein aktuelles Programm von zwei Mal 45 Minuten wurde trotz des eingeschränkten Themas zumindest nicht langweilig – auch weil er spielerisch zwischen verschiedenen Medien wechstelte und nach seinem mündlichen Vortrag gegen Ende hin ein paar Fotos sowie kleine Filme zeigte. Auf diese Weise variierte Fromme zwischen verschiedenen Ebenen hin und her, so dass die eineinhalb Stunden Programm wie im Fluge vergingen.

Trotz des ernsten Themas, das er in heiterem Programm verpackt hat, kam beim Auftritt von Martin Fromme auch die Gemütlichkeit mit Bier und Wein nicht zu kurz.

Schließlich hat er – wie fast alle anderen Künstler auch – eine innere Nähe zum Kulturverein „Pep“ fest gestellt. „Kultur lebt von solchen Vereinen, davor kann ich nur den Hut ziehen.“ Und die Zuhhörer taten selbiges für ein ausgewogenes Programm mit Haltung, das nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken anregte.

Ludger Hinz