Kellinghusen – Jahrzehntelang hat der Singer/Songwriter Helmut Debus aus Brake an der Unterweser seine eigenen Songs geschrieben, fast ausnahmslos in niederdeutscher Sprache. Wegen seiner ausgeprägten Fähigkeit, sprachliche Bilder zu produzieren, wird er auch als „Songpoet“ bezeichnet.
Gemeinsam mit seiner Band spielte er Ende August (Samstag, 31. August) auf Einladung von „PEP“ in der Kellinghusener Ulmenhofschule. Dort stellte er in einem „Best of“-Programm vor allem sein jüngstes, mittlerweile 21. Studioalbum „Angst legg Di slapen“ (2022), vor.
Vor dem Auftritt sprach er mit der „PEP“-Redaktion über seine Motivation zur Musik, warum Plattdeutsch für ihn das wichtigste Ausdrucksmittel ist und was sein nächstes Album von den Vorgängern unterscheidet.
Interview mit Helmut Debus
Frage: Herr Debus. Sie haben bereits diverse Male bei „PEP“ in Kellinghuen gespielt. Was ist dieses Mal neu und woraus besteht denn das Programm an dem Abend?
Helmut Debus: Bislang stand ich hier immer als Solokünstler auf der Bühne. Dieses Mal bringe ich zum ersten Mal auch meine Band mit. Das ist neu, und darauf freue ich mich schon sehr, weil es auch alles hervorragende Musiker sind. Ich werde mit ihnen meine gesamte neue Platte „Angst, legg di slapen“ von 2022 sowie einige ältere Stücke spielen.
Frage: Wie kam denn das Album überhaupt zustande und was ist neu daran?
Helmut Debus: Dieses Album hat eine schöne Geschichte: Nach den schweren Corona-Jahren rief mich der Produzent Martin Gallop an, der auch schon Udo Lindenberg produziert hat. Er war von meiner Demoaufnahme beeindruckt und bot an, mein neues Album zu produzieren. Das war eine riesen Freude für mich. Er brachte neue Perspektiven ein, was das Album besonders macht. Die Platte erhielt den Deutschen Schallplattenpreis in der Rubrik „Liedermacher“, was mir große Freude bereitete.
Frage: War das auch der Grund dafür, dass Sie das Album als ihr bestes bislang bezeichnet haben?
Helmut Debus: Das habe ich gesagt, weil es sich für mich wie ein Neuanfang anfühlt. Ich bin inzwischen sprachlich in meinen Meisterjahren angekommen. Es ist mir wichtig, originelle Bilder und Formulierungen zu finden. Und das ist mir hier – wie ich glaube – hier gut gelungen.
Frage: Warum singen Sie Ihre Songs eigentlich ausschließlich auf Plattdeutsch? Standen da nicht auch einmal Hochdeutsch oder Englisch zur Debatte?
Helmut Debus: Plattdeutsch ist meine Herzenssprache, in der ich mich am besten ausdrücken kann. Ich habe meine Aussagen viel eher im Niederdeutschen erreicht als in anderen Spachen. Auf Hochdeutsch und Englisch habe ich das einmal versucht, das hat mir aber nicht gefallen. So kann ich nicht anders – Plattdeutsch ist ein Ausdrucksmittel, das viel älter ist als das Deutsche, für mich ist es aber viel jünger.
Frage: Was sind die Themen auf diesem 21. Plattenwerk?
Helmut Debus: Die Hauptthemen sind grundlegende Dinge wie Liebe und Tod. Ich möchte sprachliche Klischees aufheben und die Themen durch treffendere Worte frischer und lebendiger machen. Meine Musik erreicht inhaltliche Schichten, die nicht alltäglich sind, und das ist ihr Geheimnis. In verschiedenen Ländern habe ich trotz Sprachbarrieren immer eine gemeinsame Sprache durch die Musik gefunden.
Frage: Warum sind Ihre Songs denn meist nachdenklich, nostalgisch, fast schwermütig?
Helmut Debus: Das lässt sich anhand des Titelsongs erklären: Das Meer hat seine Unschuld verloren durch die, die sich aktuell auf den Weg machen und dann in den Schlauchbooten ertrinken. Wir stellen diesen Zustand selber her. Ich gebe damit einem konkreten Thema Möglichkeit und Stimme, die Menschen tiefer zu erreichen.
Frage: Sind Sie damit gerade auf Tour?
Helmut Debus: Es gibt einige Konzert-Termine bis Jahresende, aber keine zusammenhängende Tour. Ich wähle meine Auftritte selbst aus und spiele auch mal mit meinem jüngsten Sohn zusammen. Oder wie jetzt mit meiner Band.
Frage: Welche Erinnerungen haben Sie eigentlich an Auftritte bei „Pep“ in Kellingusen?
Helmut Debus: Ich war wohl der Erste, der dort gespielt hat und bin auch später gemeinsam mit einigen weiteren Künstlern hier aufgetreten. Der Kulturverein „Pep“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass Kunst und Kultur die Gesellschaft am Leben erhalten. Wenn ich in Kellinghusen auftrete, ist es für mich ein Stück musikalische Heimat geworden.
Frage: Sie sind mittlerweile 75 Jahre alt. Was bewegt Sie, im hohen Alter weiterhin auf der Bühne zu stehen?
Helmut Debus: Solange die Leute mich hören wollen, mache ich weiter. Musik ist für mich lebensrettend, und ich stehe eher am Rande der Musikindustrie. Das ist genau das, was mir entspricht: Herauszufinden, wofür wir da sind, darum geht es auch in den Liedern. Gegen die weit verbreitete Oberflächligkeit stelle ich die Schönheit der Poesie und der Sprache.
Frage: Einmal perspektivisch gefragt: Gibt es auch schon Pläne fürs nächste Album?
Helmut Debus: Ja, es ist für nächstes Jahr geplant. Es wird eine Verbindung von Nachdenklichkeit und Leichtigkeit haben, die es bislang in der Form noch nicht gab. Die Songs sind fertig, und ich hoffe, dass Martin Gallop sie wieder produziert.
Interview und Fotos: Ludger Hinz