review – PEP-Heimspiel

Kellinghusen – Beim Heimspiel, „dem“ Begriff aus dem Sport, fühlt man sich sicher. Da ist man zu Hause. Da spielt man in der gewohnten Umgebung, die man am besten kennt, überwiegend vor Leuten, die einem wohlgesonnen sind – und feiert im Zweifel auch die größten Erfolge.

Und das Schöne ist gleichzeitig auch das Überraschende. Dass nämlich PEP sich nicht scheut, auch Angebote zu realisieren, von denen man vorher nicht genau weiß, wie sie letztlich ankommen werden.

Obwohl der Sommer bekanntlich in Norddeutschland noch nicht so recht aus dem Quark gekommen ist, bot der Kulturverein nun unter dem Motto „Heimspiel“ einen Konzertabend, um vier regionalen Acts Präsenz zu verschaffen.

Die Idee definiert der Veranstalter so, dass Künstler aus Schleswig-Holstein und Hamburg und wenn möglich aus der direkten Umgebung um Kellinghusen herum präsentiert werden sollen, im weitesten Sinne aus dem Kreis Steinburg und den angrenzenden Landkreisen.

Aber wie man es fast hätte erwarten können – das erste hehre Ziel in diesem Zusammenhang klappte gleich schon mal nicht. Denn für die erste Runde bemühte sich der Verein vorher intensiv um eine Förderung der Veranstaltung, die er am liebsten kostenfrei angeboten hätte, wie der Vorsitzende Oliver Zantow sagte.

Leider liefen die Bemühungen sehr zu seinem Bedauern ins Leere. Nach der Tragik um die Förderstiftung des Kreises, der mit dem Haushalts-Spar-Diktat auch die Finanzmittel für derartige Veranstaltungen abhanden gekommen sind, gab es schlicht: kein Geld. Ein Fördertopf des Landes war so gnadenlos überzeichnet, wie der Vorsitzende erläuterte, dass eine Förderung, die zu verringertem oder gar keinem Eintritt geführt hätte, nicht mehr in Frage kam. Aber die Mitglieder waren nach seinen Worten fest entschlossen: „Wir machen das trotzdem.“ Und mussten so in den sauren Apfel beißen – und nun doch Eintritt nehmen. Ok., geschenkt…

So verpflichtete „PEP“ vier Musiker, Musikerinnen und Bands, die tatsächlich eher aus der näheren, als der weiteren Umgebung stammten – und einen spannenden musikalischen Abend versprachen: Mit Claudius Mach und Elke Altstadt-Westphal waren das zwei Singer/Songwriter aus Kellinghusen, mit Elkes Tochter Anja Westphal eine Sängerin aus Kiel, aber ehemals Kellinghusen, und mit den „Midniters“ eine Blues-Band aus Kellinghusen und Hamburg.

Das Wetter war dann mindestens ebenso wechselhaft wie die Interpreten des Abends. Während das draußen aber eher „ungemütlich“ bedeutete, wurde es hier auf der Bühne erfrischend bunt. Gleich zu Anfang verstand es Musikerin Elke Altstadt-Westphal (69) aus Kellinghusen zum Beispiel, mit ihrem plattdeutschen Folk-Programm die Zuhörer gleich in die richtige Stimmung zu versezen.

Sie komponiert, schreibt und singt auf Plattdeutsch und auch in anderen Sprachen, ihre Themen sind heiter und nachdenklich stimmend, und sie widmet sich auch internationalem Liedgut aus verschiedenen Kulturen. Dazu begleitet sie sich mit keltischer Harfe und Gitarre.

Boten mitreißende solo-Programme (von links): Anja Westphal, Claudius Mach, Elke Altstadt-Westphal.

Etwas nachdenklicher wurde es im Anschluss mit Anja Westphal, Singer/Songwriterin aus Kiel, die ihren Auftritt mit Liedern mit deutschen Texten ruhiger und melancholischer präsentierte. Vor allem mit ihren selbst geschriebenen Texten, zu denen sie sich am Klavier und Gitarre begleitete, erreichte sie das Publikum und lenkte es in eine Bereitschaft, sich auch mit dem Gehörten auseinander zu setzen.

Seit vielen Jahren als Musikerin aktiv, arbeitete sie in den vergangenen eineinhalb Jahren im Studio an ihrem Debütalbum, das im Oktober vergangenen Jahres erschienen ist und von dem sie entsprechen den Löwenanteil spielte.

Aus ihrer so entstandenen Melancholie heraus holte im Anschluss Claudius Mach die Zuhörer, der sein aktuelles Solo-Programm an Songs des bekannten deutschen Punk-Sängers Rio Reiser zum Besten gab. Und dabei auch den Schalk im Nacken hatte. Vielleicht lag das daran, dass er wie Rio Reiser auch aus Berlin kommt und die „schnoddrige Schnauze“ irgendwie abgefärbt zu sein scheint. „Ich habe in meiner Musikertätigkeit bisher rund 800 Lieder geschrieben, die keiner kennt“, leitete er seinen Vortrag ein, um zu ergänzen: „Heute haben Sie die Chance, ein paar davon kennen zu lernen.“ Denn von den insgesamt 10 Songs, die er hier zum Besten gab, waren sieben von Reiser – und drei von ihm.

Vorbild und Inspiration: Der bereits verstorbene Rio Reiser lieferte für Claudius Mach die beste Vorlage für sein Programm „Claudius Mach singt Rio Reiser“.

Dass Rio Reiser auch der Anlass für Mach war, Rockmusiker zu werden, seit er 1979 die erste Scheibe von ihm in Händen hielt, zeigte er im Anschluss auch auf der Bühne. Nur mit einer Akustik-Gitarre um den Hals brüllte, gröhlte und schrie er die Songs heraus, sobald das gemäß einem Vorbild notwendig wurde, und brachte den Rest auf routineirte Weise zu Ende.

Bei seinem Ritt durch mehrere Jahrzehnte des Musikmachens entlockte er den Zuhörern sogar hier und da ein paar mitgesungene Zeilen, die schließlich in dem bekanntesten Rio-Reiser-Song des „Königs von Deutschland“ kulminierten.

Obwohl „PEP“ das Konzert nicht wie geplant kostenlos anbieten konnte, kam eine ganz ordentliche Zahl an Zuhörern in die Ulmenhofschule.

Und einen kleinen Seitenhieb auf die nachfolgende und auch lauteste Band des Abends, die „Midniters“ konnte sich Claudius Mach dann doch nicht verkneifen: „Ich sing jetzt noch ein paar Songs mehr. Wenn man „Midniters heiß, muss man sich auch damit abfinden, wenn man erst um Mitternacht dran ist!“

Das widerum wollte der Sänger der Band Horst Braun nicht auf sich sitzen lassen und entgegnete in seinem Auftritt: „So lange halten wir gar nicht durch. Wir sind froh, wenn wir um Mitternacht fertig sind.“ Dafür rekapitulierten sie dann aber mehr als 30 Jahre Bluesbandgeschichte in ihren Songs doch recht aufgeweckt – in treuer Verbundenheit zu ihren Vorbildern wie BB King, den „Fabulous Thunderbirds“ und „Hollywood Fats“.

Aufgefallen ist dabei besonders der junge Gitarrist der Band, Tom Pink, der davon nur einen Bruchteil miterlebt hat mit seinen erst 22 Jahren, aber den ganz Großen „hart auf den Fersen“ ist und hier und da auch schon den Ton angibt. Nach Meinung so mancher ein Ausnahmetalent an der Blues-Gitarre, und hier konnte man sich überzeugen, warum.

Mit Gesang, Piano, Gitarre, Bass und Schlagzeug wechselte die Band leichtfüßig vom treibenden Boogie-Woogie zu einschmeichelnden Slow-Blues-Orgeltönen oder spielerischen Swing-Einlagen. Mit Werner Franzkowski saß auch hier ein Kellinghusener und Könner seines Fachs am Schlagzeug.

Es war angerichtet: Zum guten Ton gab es auch wie gewohnt den guten Schluck bei „PEP“.

So gelang es der Band, ihr Publikum bis zum Schluss um kurz vor Mitternacht mit zu reißen und ihr „Heimspiel“ unter dem Jubel der einheiischen Fans tatsächlich positiv zu beenden.

Ludger Hinz