Kellinghusen – Wer soll denn das sein, dachte ich, als ich zunächst nur die Überschrift in der Ankündigung las. „Akustik-Trio“? Kann ja alles bedeuten. Welche Musikrichtung wird dann da beim „PEP“-Konzert auf der Bühne zu hören sein: Folk, Unplugged-Rock, Singer/Songwriter-Musik? Ein akutisches Trio – die Möglichkeiten waren groß, und das sorgte bei mir nach der ersten Irritation zumindest für einige Spannung.
Beim genaueren Hinsehen wurde es klarer: Blues als Konglomerat aus drei Musikern, die jeder für sich schon für Qualität bürgen, zumindest, wenn man ihre bisherigen Konzerte in Kellinghusen als Maßstab nimmt. Und diese kommen dann mit ihren akustischen Gitarren, wo sie doch sonst eher mit ihren elektronischen Zupfgeräten auffielen. Das ließ bei mir weitere Spannung aufkommen.
Denn da hatten sich die drei Blueser Clem Clempson, Gert Lange und Krissy Matthews, die im Kern in der „Hamburg Blues Band“ aktiv sind oder waren, für ein eigenes Projekt neben ihren Bandverpflichtungen zusammen getan. Das allerdings schon vor rund zwei Jahren – und tingeln seitdem durch die deutschen Clubs, sofern anfänglich die Coronabestimmungen das schon zuließen.
Hatten sie sich in den Vorjahren als Teile der Hamburg Blues Band immer als Garanten für qualitativ hochwertige Konzerte in schwirrender Live-Atmosphäre erwiesen, so ließ dieses „Akustik-Trio“ nun einiges erwarten.
Und sie oder die Agentur steigerte die Erwartung noch zusätzlich, versprach sie doch in der Ankündigung nicht weniger als „Lagerfeuer-Romantik, große Hymnen und Blues-Rock Classics“, die die unterschiedlichsten Facetten des Blues abbilden. Da durfte man tatsächlich gespannt sein.
Als die drei Blues-Größen dann auf der Bühne standen – oder besser gesagt nebeneinander saßen – da reichte ein Blick in die Runde im Saal, um zu sehen, dass anscheinend viele mit der gleichen Erwartung und Spannung zum Konzert gekommen waren: Der Saal in der Ulmenhofschule war mit über 100 Besuchern so gut gefüllt wie lange nicht.
„Colosseum“-Gitarrist Clem Clempson, das „Hamburg Blues Band“-„Mastermind“ Gert Lange und Blues-Gitarrist Krissy Matthews interpretierten ihr Projekt in lockerer Manier, ohne auf die Konzentration auf ihr Werk zu verzichten.
Das Trio brachte neben seinen Gitarren aber auch Percussion, die Blues-Harp und spannende Stimmen für einen Clubgig mit. Die „Hamburg Blues Band“ mit Sänger Gert Lange war mit ihren wechselnden Gitarristen schon vier Mal in Kellinghusen aufgetreten, darunter auch Clem Clempson, der ihr dritter Gitarrist war und auch im Dunstkreis von ,Colosseum‘ gespielt hat, und zuletzt mit Krissy Matthews, der mittlerweile die Saiten in der Band zupft.
In ihrer umfangreichen Karriere spielten alle drei als Studio- und Sessionmusiker schon mit zahlreichen Bluesrockern zusammen und waren auch live auf Tourneen zu sehen. So saß dort auch eine gehörige Portion Erfahrung zusammen.
Anders, als mit E-Gitarren, spielen sie ihre Konzerte akustisch im Sitzen, was für eine Clubatmosphäre wie in der Ulmenhofschule ideal geeignet ist. Das Publikum konnte ganz entspannt auf der Bestuhlung Platz nehmen. Die große Anzahl der Gäste besetzte sogar die Treppenaufgänge und die umlaufende Galerie. Ein Anblick, den es auch lange Zeit so nicht gegeben hat. Und der sich lohnte.
Hier kamen nicht nur ihre Gitarren zum Einsatz, sondern Krissy Matthews begleitete seine Mitmusiker zwischendurch auch bei ein, zwei Songs gekonnt auf der Blues-Harp. Und dass sie von ihrer eigentlichen Prämisse des akustischen dann doch etwas abwichen, indem sich hier und da einmal eine E-Gitarre dazwischen mischte, nahm ihnen dann auch keiner übel.
Neben der musikalischen Stimmung trugen vor allem ihre Ansagen hier und da zur allgemeinen Heiterkeit bei, unterstrichen davon, dass bis auf Gert Lange beide Mitmusiker zwar auf Deutsch, aber mit dem englischem Akzent ihrer Muttersprache redeten, in dem die gewollten oder ungewollten grammatischen Fehler gleich eingebaut waren.
Gemäß der Erkenntnis, dass selbst mittelmäßige Witze, die auf Englisch oder zumindest mit einem angelsächsischen Zungenschlag erzählt werden, im Deutschen zu wahren Brüllern mutieren, ging es auch hier nicht ohne laute Lacher zu.
Etwa als Krissy Matthews das Wort ergriff und und berichtete, wie es ihm während der Coronazeit als Musiker erging. Mal abgesehen davon, dass man mit einigem Erstaunen zur Kenntnis nahm, dass ein mittlerweile zumindest in Szenekreisen namhafter Musiker es nötig hatte, sich in seiner erzwungenen verdinestfreien Zeit einen regulären Job außerhalb des Kulturbetriebes zu suchen, war auch die Geschichte selber recht skurril.
Als er sich bei einem Supermarkt vorstellte und bereit war, einfache Arbeiten zu übernehmen wie Regale einzuräumen – eine Tätigkeit, die wohl jeder mit einigermaßen Auffassungsgabe in kürzester Zeit erlernen und umsetzen kann – wurde er vom Marktleiter tatsächlich nach seinen Erfahrungen und Referenzen gefragt.
Als er daraufhin sagte, er habe keine, weil er bislang immer nur Musiker war, wurde er für diese Tätigkeit glatt mal abgelehnt. Diese Erlebnisse verarbeitete er in dem von ihm selbst geschriebenen Song „The man said no“.
Aber: „Ich habe dann doch noch etwas gefunden, was ich machen konnte“, fügte er an. Erleichterung im Publikum. „Ich wurde Statist und habe im neuen Film von Indiana Jones einen deutschen Soldaten im II. Weltkrieg dargestellt.“ Auch diese Vorstellung rief allgemeine Heiterkeit hervor.
Neben zahlreichen Blues-Klassikern und eigenen Kompositionen bot das Trio musikalisch gegen Ende seiner Vorstellung dann noch einige seiner eigenen Lieblingstitel, Klassiker der Rockmusic wie etwa „Like a rolling stone“ von Bob Dylan, den Clem Clempson ansagte als „best song that I ever wrote“. Heraus stellte sich da noch, dass Clem Clempson tatsächlich eine Stimme hat, die der vom früheren Bob Dylan recht ähnlich ist, und das Publikum konnte das sogar mitsingen.
Für seine Darbietung wurde das Akustik-Trio schließlich von den Zuhörern zu drei Zugaben wieder auf die Bühne zurück geklatscht. Und wenn jemand vorher ebenso unbedarft wie ich über das Akustik-Trio gerätselt hat, so ging er nun mit der Gewissheit nach Hause, dass er hier ein besonderes – zumindest besonders lustiges – Konzert gehört hatte.
Ludger Hinz
Das Akustik-Trio in der Ulmenhofschule (v.l.):
• Damit auch niemand vergaß, wer auf der Bühne stand, wurde das Akustik-Trio auch noch einmal auf einem aufgestellten Bildschirm angekündigt.
• Standen nicht, sondern saßen überwiegend bei ihrem Kellinghusen-Konzert (v.l.): Clem Clempson, mit Gert Lange und Krissy Mattews.
• Endlich einmal wieder eine flirrende Club-Atmosphäre mit mehr als 100 Besuchern in der Ulmenhofschule.
Fotos: Ludger Hinz