Ziemlich gelichtete Reihen im Zuschauerraum irritierten an diesen beiden Abenden dann doch etwas. Hatten die Fans der Band „The Blues Guys & the Guinness Horns“ aus Hildesheim den Auftritt bei „PEP“ in der norddeutschen Tiefebene nicht mitbekommen? Wo doch großflächig plakatiert wurde. Seit langem waren sie Garant für einen gut gefüllten Saal zu Jahresanfang, nun saßen oder tanzten am ersten Abend ihres Auftritts in der Ulmenhofschule nur etwa 25 Zuhörer vor der Bühne, am zweiten sogar noch ein paar weniger.
Lag es an der Jahreszeit? War es die Konkurrenz anderer Veranstaltungen an diesem Abend? Oder gar das zeitgleich statt findende DFB-Pokalfinale im TV, das die Fans vom Besuch abhielt?
Heraus gefunden werden konnte das nicht, aber trotz allem hatten die Abende dann doch noch ein Gutes. Denn alle, die da waren, freuten sich – Band, Veranstalter und Publikum: dass es nach der Lockerung endlich mal wieder ein Live-Konzert gab, das nicht mehr von Coronamaßnahmen eingeschränkt wurde. Das allein mutete für viele wie eine Befreiung an. Der Rest, der nicht da war, hatte etwas verpasst.
Erstmals in ihrer Kellinghusengeschichte traten die „Blues Guys“ mit ihrem Bläserensemble, den „Guinness Horns“, nun an zwei aufeinander folgenden Abenden am Freitag und am Sonnabend bei „PEP“ auf; und nahmen ihr Publikum wie schon aus den Vorjahren gewohnt mit auf ihre muntere Spritztour durch den Blues in seinen Facetten.
Da sie das mit wenigen Unterbrechungen bereits seit 1997 tun, war es auch ein Jubiläum: „Wir feiern nach 25 Jahren gewissermaßen Silberhochzeit“, fiel „PEP“-Organisator Rainer Werdt vorher auf. Und da wollte sich auch die Band nicht lumpen lassen. „Wir sind extra aus Hildesheim her gefahren“, erzählte Gitarrist und Bandgründer Hubert „Hubsi“ Eggeling am Rande. Da ließ er sich doch von den paar Zuhörern die Laune nicht verderben.
Denn die Musiker fühlten sich in der Ulmenhofschule sichtlich wohl. „Ich mag den Raum wegen seiner Akustik und des konzertanten Charakters auch bei wenig Publikum“, so der Gitarrist. „Wir freuen uns, dass wir spielen können, das macht uns trotzdem Spaß.“
Und das merkte man ihrem Spiel mit ihrer erfrischenden Mischung aus Rock, Soul, Funk und Blues auch an. Vor allem die immer wieder eingestreuten Solo-Einlagen der Bläsergruppe von Trompete, Posaune oder Saxophon riefen Szenenapplaus hervor.
Die Band hat in ihren Konzerten einen gewissen Grundstock und passt diesen immer wieder neu an, wie Hubsi Eggeling erläuterte, so dass jedes Mal ein spezifisches Kellinghusen-Feeling entsteht. Auch dieses Mal waren sie auf die Störtalniederungen vorbereitet.
So formulierte Sänger Michael Fanger in „Rollin‘ on a river“ im „Credance Clearwater Revival“-Song „Proud Mary“ die Textzeile zu „Rollin‘ on Stör river“ um. Und die Band intonierte an diesen beiden Live-Abenden auf der „PEP“-Bühne auch weitere neue Titel wie etwa „Show me how to live“ von „Audioslave“ mit einem Solo von Posaunist Enrico oder „Evil Mama“ von Joe Bonamassa. „Den Song ,Over Africa‘ haben wir auch lange nicht mehr gespielt“, so Hubsi Eggeling. Weiterhin waren auch ein paar Eigenkompositionen dabei wie „Don‘ tell me lies“.
In ihrem bekannt ausgefeilten Ineinandergreifen des Blues-Rocks der Band-Stammbesetzung und der Bläsersätze des Blasquartetts gaben die „Blues Guys“ ihre Vorstellung routiniert. Und selbst wer im Blues nicht so bewandert ist, konnte einige der Coversongs zumindest mitsummen, wie etwa „Why did you do it?“ von „Stretch“ (1975), „I feel good“ von James Brown (1966) oder „Shake a tailfeather“ von Ray Charles/„The Blues Brothers“ (1980).
Dabei hatten sie neben dem schwungvollen Sound auch den Witz auf ihrer Seite. Als ein Zuschauer bei einem Hinweis Michael Fangers auf die CDs am Merch-Stand auf ein Sonderangebot bestand, erhielt er vom Sänger ein ganz spezielles: „Drei zum Preis von vier…“ Am Schluss in der Zugabe gab es als Sahnehäubchen noch ein extra ausgefeiltes Gitarrensolo von Hubsi Eggeling obendrauf.
Nun will die Band im kommenden Jahr auch ihre neue CD aufnehmen, wie Hubsi Eggelng backstage schon einmal verkündete, Arbeitstitel „40acres and a mule“, auf den der Bandgründer nach der Lektüre von Barack Obamas Buch („Ein verheißendes Land“) gekommen ist. „Wir feiern ja auch unser 40-jähriges Bestehen, und das würde gut zueinander passen“, fand er. „Ob das Album dann zu unserem Auftritt in Kellinghusen aber schon fertig ist, weiß ich noch nicht.“
Für 2023 plant die Band im Sommer ihre bereits neunte Kanada-Tour, dieses Mal mit Familien. Ganz wichtig aber: „Unser 40-jähriges Bandbestehen wollen wir in Kellinghusen mit unserem geliebten ,Neujahrskonzert‘ gebührend einleiten“, so Hubsi Eggeling (geplant für Sonnabend, 14. Januar 2023) – „… sofern das dann wegen Corona dann möglich ist.“
Bilder: © Rainer Werdt